Edelstahl – „Allzweckwaffe“ für Industrie und Private

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Ohne Zweifel ist die Weiterentwicklung von Eisen zu Stahl als eine der größten Errungenschaften der modernen Zivilisation zu werten. Trotzdem weist Stahl einige negative Eigenschaften auf, die er mit Eisen gemeinsam hat.

Diese konnten erst durch die Legierung zu Edelstahl weitgehend ausgemerzt werden. Somit ist es kein Wunder, dass dieses Material sowohl in industriellen Anwendungen als auch in Privathaushalten so beliebt und verbreitet ist. Unser Ratgeber klärt Sie über die Hintergründe und individuellen Eigenschaften des edlen Stahls auf.

Was ist Edelstahl?

Edelstahl, auch rostfreier Stahl, Inox oder CRES genannt, ist eine Eisenlegierung, die rost- und korrosionsbeständig ist. Sie enthält mindestens 10,5 % Chrom, in der Regel Nickel, und kann auch andere Elemente – z. B. Kohlenstoff – enthalten, um die gewünschten Eigenschaften zu erzielen. Die Korrosionsbeständigkeit von rostfreiem Stahl ist auf das Chrom zurückzuführen, das einen passiven Film bildet, der das Material schützen und in Gegenwart von Sauerstoff selbst „reparieren“ kann.

Die Eigenschaften der Legierung, z. B. ihr Glanz und ihre Korrosionsbeständigkeit, sind in vielen Bereichen von Nutzen. Rostfreier Stahl kann zu Blechen, Platten, Stangen, Draht und Rohren gewalzt werden. Diese wiederum können in Kochgeschirr, Besteck, chirurgischen Instrumenten, Fahrzeugenteilen, als Baumaterial in großen Gebäuden, Industrieanlagen (z. B. in Papierfabriken, Chemieanlagen, Wasseraufbereitungsanlagen) sowie als Edelstahl Stanzteile für die  Industrie verwendet werden.

Biologische Reinheit von Edelstahl

Die biologische Reinheit von rostfreiem Stahl ist besser als die von Aluminium und Kupfer und vergleichbar mit der von Glas. Eben diese Reinheit, Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit haben dazu geführt, dass rostfreier Stahl auch in kritischen Umgebungen wie pharmazeutischen und lebensmittelverarbeitenden Betrieben verwendet wird.

Die verschiedenen Arten von nichtrostendem Stahl werden mit einer dreistelligen AISI-Nummer gekennzeichnet. Die ISO-Norm 15510 listet die chemischen Zusammensetzungen nichtrostender Stähle der Spezifikationen in bestehenden ISO-, ASTM-, EN-, JIS- und GB-Normen in einer nützlichen Austauschtabelle auf.

Wann wurde Edelstahl erfunden?

Die Erfindung des rostfreien Stahls folgte auf eine Reihe wissenschaftlicher Entwicklungen, die 1798 begannen, als Louis Vauquelin der französischen Akademie erstmals das Material Chrom vorstellte. In den frühen 1800er-Jahren erforschten die britischen Wissenschaftler James Stoddart, Michael Faraday und Robert Mallet die Beständigkeit von Chrom-Eisen-Legierungen (Chromstähle) gegenüber Oxidationsmitteln. Robert Bunsen entdeckte zudem die Beständigkeit von Chrom gegen starke Säuren.

Ab den 1840er Jahren stellten sowohl die britischen Sheffield-Stahlwerke als auch die deutsche Firma Krupp sogenannten Chromstahl her, der in Großbritannien ab den 1850er Jahren u. a. für den Bau von Kanonen verwendet wurde. 1861 meldete Robert Forester Mushet in Großbritannien schließlich ein Patent auf Chromstahl an.

Chromhaltiger Stahl

Diese Entwicklungen führten zur ersten amerikanischen Produktion von chromhaltigem Stahl durch J. Baur mit seinem Unternehmen Chrome Steel Works in Brooklyn für den Bau von Brücken. Ein US-Patent für das Produkt wurde 1869 erteilt. Darauf folgte die Anerkennung der Korrosionsbeständigkeit von Chromlegierungen durch die Engländer John T. Woods und John Clark, die Chromgehalte von 5 – 30 % mit Zusatz von Wolfram und Kohlenstoff für ideal erachteten. Sie festigten den kommerziellen Wert der Innovation durch ein britisches Patent für „Weather-Resistant Alloys“ (wetterfeste Legierungen).

Weitere Meilensteine: Im Jahr 1908 baute die Essener Friedrich Krupp Germaniawerft in Deutschland die 366 Tonnen schwere Segelyacht Germania mit einem Rumpf aus Chrom-Nickel-Stahl. 1911 berichtete Philip Monnartz erstmals über den Zusammenhang zwischen Chromgehalt und Korrosionsbeständigkeit. Am 17. Oktober 1912 patentierten dann die Krupp-Ingenieure Benno Strauss und Eduard Maurer den austenitischen nichtrostenden Stahl (Nirosta), der heute als 18/8 oder AISI-Typ 304 bekannt ist.

Industrialisierung des Edelstahls

Ähnliche Entwicklungen fanden in den Vereinigten Staaten statt, wo Christian Dantsizen von General Electric und Frederick Becket (1875-1942) von Union Carbide den ferritischen Edelstahl industrialisierten. 1912 meldete Elwood Haynes ein US-Patent für eine martensitische Edelstahllegierung an, das jedoch erst 1919 erteilt wurde. Die Legierung wurde in den USA unter verschiedenen Markennamen wie „Allegheny metal“ und „Nirosta steel“ verkauft. Selbst innerhalb der Metallindustrie blieb die Bezeichnung zunächst unklar, bevor sich die Bezeichnungen „Edelstahl“ bzw. „rostfreier Stahl“ durchsetzten.

Im Jahr 1929, also vor der Weltwirtschaftskrise, wurden jährlich rund 25.000 Tonnen rostfreier Stahl hergestellt und verkauft. Große technologische Fortschritte in den 1950er- und 1960er-Jahren ermöglichten schließlich die Herstellung großer Mengen zu erschwinglichen Kosten.

Verarbeitung von Edelstahl

Für nichtrostende Stähle gibt es eine breite Palette von Fügeverfahren, wobei das Schweißen bei weitem das häufigste ist. Wie einfach das Schweißen ist, hängt weitgehend von der Art des verwendeten nichtrostenden Stahls ab. Austenitische nicht rostende Stähle lassen sich am einfachsten mit Lichtbogen schweißen, wobei die Schweißeigenschaften denen des Grundmetalls entsprechen (nicht kaltverformt). Martensitische nicht rostende Stähle können ebenfalls mit dem Lichtbogen geschweißt werden, da die Wärmeeinflusszone (WEZ) und die Schmelzzone (FZ) jedoch beim Abkühlen Martensit bilden, müssen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, um Risse in der Schweißnaht zu vermeiden.

Unsachgemäße Schweißpraktiken können außerdem zu Oxidablagerungen und/oder Wärmeverfärbung auf der Rückseite der Schweißnaht führen. Dies kann durch die Verwendung von Spülgasen, Stützplatten und Flussmitteln verhindert werden. Eine Wärmebehandlung nach dem Schweißen ist fast immer erforderlich, während in einigen Fällen auch ein Vorwärmen vor dem Schweißen notwendig ist.

Das Lichtbogenschweißen von ferritischem nichtrostendem Stahl des Typs 430 führt zu Kornwachstum in der WEZ, was wiederum eine erhöhte Sprödigkeit nach sich zieht. Dieses Problem konnte mit stabilisierten ferritischen Stählen weitgehend gelöst werden, bei denen Niob, Titan und Zirkonium Ausscheidungen bilden, die das Kornwachstum verhindern.

Zu den geeigneten elektrischen Lichtbogenschweißverfahren gehören:

  • Metall-Schutzgasschweißen, auch als MIG/MAG-Schweißen bekannt
  • Wolfram-Schutzgasschweißen, auch bekannt als Wolfram-Inertgas-Schweißen (WIG)
  • Plasmaschweißen
  • Lichtbogenschweißen mit Fülldraht
  • Metall-Schutzgasschweißen (umhüllte Elektrode)
  • Unterpulverschweißen

MIG-, MAG- und WIG-Schweißen sind dabei die gängigsten Verfahren.