Unternehmenspleiten halten an

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Dietmar Gerke, Leiter SRM beim internationalen Kreditversicherer Atradius, erklärte, dass die Zahl der Unternehmenspleiten weiter ansteige. Im Januar sei die Zahl der Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 26 Prozent gewachsen, im Februar habe sie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18 Prozent zugenommen. Er fügte hinzu, dass der Anstieg im März voraussichtlich in der Größenordnung des März 2023 liegen werde, als 13 Prozent mehr Unternehmen Insolvenz anmeldeten.

Im vergangenen Jahr hätten 17.800 Unternehmen in Deutschland Insolvenz angemeldet. Nach Ansicht von Gerke werde diese Zahl voraussichtlich auch in diesem Jahr „mindestens“ wieder erreicht. Er betonte, dass Unternehmen aller Größenordnungen betroffen seien, die nicht über ausreichende Liquiditätspuffer verfügten. Während der Corona-Krise seien mehrere hundert Milliarden Euro an Unternehmenshilfen geflossen, auch an Firmen, die bereits vor Corona unter Druck gestanden hätten und nur durch diese Hilfe weiter am Markt hätten bleiben können. Nun, nach dem Auslaufen der Hilfen und der Fälligkeit der Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, würden diese ohnehin schwächelnden Unternehmen verstärkt in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, begleitet von hohen Energie- und Rohstoffpreisen sowie Lieferkettenproblemen und gestiegenen Finanzierungskosten seitens der immer restriktiver agierenden Banken.

Gerke prognostizierte, dass der Druck durch höhere Zinsen in diesem Jahr anhalten werde und sich möglicherweise erst 2025 entspannen könne. Er verwies auf Erhebungen der Banken über die Kreditvergabe in den USA und in der Eurozone, die eine weitere Verschärfung der Kreditvergabestandards für Unternehmen in den kommenden Monaten zeigten. Dies erhöhe den Druck auf die Unternehmen zusätzlich, da die während der Pandemie angesammelten Liquiditätspuffer nun weitgehend aufgebraucht seien. Die Poly-Krisen aus Strom- und Rohstoffpreisen, geopolitischen Krisen, Inflation und hohen Zinsen führten zu einer Konsolidierung der Wirtschaft, sagte Gerke und fügte hinzu für eine gesunde Entwicklung der Wirtschaft gehörten Insolvenzen dazu, die Frage sei nur in welchem Umfang. Nur starke und gesunde Unternehmen seien in der Lage, den Weg der Transformation zu gehen, in dem sich die deutsche Wirtschaft befinde.

Gerke erwartete, dass insbesondere die Bau- und Bauzuliefererindustrie in diesem Jahr im Fokus stehen werde. Er nannte als Beispiel Fliesenhersteller, die mit hohen Energiekosten zu kämpfen hätten und gleichzeitig mit sinkenden Umsätzen konfrontiert seien. Dies werde insbesondere bei kleineren Unternehmen zu einer massiven Marktbereinigung in der Baubranche führen. Zudem warnte er vor möglichen Insolvenzen im Gesundheitsbereich und in der Papierbranche.

Er sagte voraus, dass die Forderungen der Gläubiger aus den Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zu 2022 weiter steigen würden. Er gehe davon aus, dass die Zahl der Großinsolvenzen von Unternehmen mit mehr als 10 Millionen Euro Umsatz in diesem Jahr steigen werde, während er eine moderate Entwicklung bei der Gesamtzahl der Insolvenzen gegenüber dem Vorjahr für möglich hielt. Er betonte jedoch, dass er keine Insolvenzwelle in diesem Jahr erwarte. Er verglich die aktuelle Situation mit dem Jahr 2009, als es in Deutschland 33.000 Insolvenzen gab. Atradius rechne für dieses Jahr insgesamt mit einer Stagnation der Insolvenzentwicklung gegenüber 2023 und im nächsten Jahr mit einem Rückgang der Unternehmenspleiten um rund drei Prozent.

Gerke hob hervor, dass die Insolvenz seit Corona zunehmend als Restrukturierungsinstrument genutzt werde, oft mit Erfolg. Er erklärte, dass vor Corona die Insolvenz als Makel angesehen worden sei, was sich nun geändert habe. Er betonte die Bedeutung, frühzeitig Dritte hinzuzuziehen, die einen Blick auf das Unternehmen, die Struktur und die Finanzen werfen könnten. Er schloss mit der Feststellung, dass die Erfolgschancen bei frühzeitigem Erkennen der Probleme groß seien und die Restrukturierung auch ohne Insolvenz gelingen könne.

Basierend auf einer Pressemitteilung von Atradius Kreditversicherung vom 03.04.2024